Das IPI (Internationales Presse Institut) begrüsst den Freispruch von allen Vorwürfen des führenden türkischen Journalisten und IPI Vorstandsmitglied Kadri Gürsel nach drei Jahren anhaltender willkürlicher gerichtlicher Belästigung. Allerdings verurteilt IPI die gestrige Entscheidung desselben Gerichtes die Urteile über zwölf Mitangeklagte von Gürsel in dem Cumhuriyet Fall zu bestätigen, unter Missachtung von der Entscheidung des obersten Kassationsgerichts im September.
Gürsel und seine zwölf Mitangeklagten wurden ursprünglich im April 2018 aufgrund haltloser Anti-Terror Vorwürfen verurteilt und bekamen verschieden lange Haftstrafen. Viele der Angeklagten, Gürsel eingeschlossen, waren bereits monatelang in Untersuchungshaft. Am 12. September 2019 hob das oberste Kassationsgericht die Urteile von zwölf Angeklagten aufgrund mangelnder Beweise auf.
Die „Beweise“ auf die sich die ursprünglicher Verurteilungen gestützt hatten, bestanden aus Nachrichtenartikel, Kolumnen, Beiträgen aus sozialen Medien oder arbeitsbezogene, harmlose bzw. unvermeidbare Kontakte von Individuen, die die verschlüsselte Kommunikationssapp ByLock benutzten, welche angeblich ausschliesslich von Anhängern von Fetullah Gülen, der exilierte islamische Kleriker, den Türkei für den Putschversuch von 2016 verantwortlich macht, genutzt wird.
Gürsel sagte, dass das jetzige Urteil des Erstgerichtes für alle Angeklagten gelten sollte.
„Die Entscheidung des obersten Kassationsgerichts mein Urteil aufzuheben ist erfreulich. Dennoch ist mein Stimmung bedrückt, da sich das Erstgericht über das Urteil des Kassationsgerichts bezüglich meiner Kollegen hinwegsetzt. Trotz meiner Freilassung kann ich mich nicht vollen Herzens über diese Entscheidung freuen. “
Die Direktorin von IPI Barbara Trionfi begrüsste die Entscheidung über Gürsel und brachte gleichzeitig ihre Sorgen bezüglich der Mitangeklagten zum Ausdruck.
„Wir sind froh, dass unserem Freund und Kollegen die Last der gerichtlichen Verfolgung genommen wurde. Dieser Fall war von vorherein dazu bestimmt Kadri Gürsel und seine Mitangeklagten für ihren kritischen Journalismus zu bestrafen.“ sagte Trionfi. „Freilich macht dieses Urteil nicht das unnötige Leiden ungeschehen, das Kadri Gürsel erdulden musste.“
Sie fügte hinzu: „Wir sind tief bestürzt darüber, dass die Verfolgung der übrigen Angeklagten anhält. Die Weigerung des Erstgerichtes das Urteil des obersten Gerichtes zu respektieren ist ein weiterer Beweis dafür, dass die Justiz in der Türkei politisch komplett unterminiert wurde.
Während einer internationalen Pressefreiheitsmission in der Türkei im September, äusserten IPI und sieben weitere Pressefreiheitsorganisationen wiederholt ihr Bedenken über die Unterlassung türkischen Gerichte die Urteile höherer Gerichte zu respektieren, was eine ernsthafte Unterhöhlung des Rechtsstaates darstellt.